Milongueando en Buenos Aires 2010 - Ausgefeiltes Konzept und seltene Gäste

von Ute Neumaier, Buenos Aires, veröffentlicht in Tangodanza Nr. 41, Januar 2010  

Die internationale Fangemeinde des Tango Milonguero trifft sich in diesem Jahr zum vierten Mal zum Milongueando en Buenos Aires. Vom 9. bis 15. August werden sich wieder namhafte Lehrer, legendäre Milongueros und Teilnehmer aus aller Welt zu diesem Encuentro Milonguero einfinden, das auch die gesellschaftlichen und kulturellen Dimension des Tango vermitteln möchte. Das Konzept aus Workshops, Vorträgen und Prácticas will Tango als lebendigen Teil der argentinischen Kultur erfahrbar machen.

Die Initiatorinnen Susana Miller und Maria Plazaola leiten die Academia de Tango Milonguero, die in den Räumen der berühmten Milonga El Beso im Herzen von Buenos Aires zu Hause ist. „Das Besondere an Milongueando ist, dass nur ein einziger Stil unterrichtet wird, der Estilo Milonguero, der auch als Estilo del Centro bekannt ist“, so die Organisatorin aus Neuseeland, Antoinette Wilson. Gemeint ist damit ein Tango, der stärker nach innen als nach außen wirkt, bei dem Sensibilität gegenüber dem Partner, musikalische Improvisation und rhythmischer Dialog im Vordergrund stehen. Getanzt wird grundsätzlich in enger Umarmung und mit großer Achtsamkeit gegenüber anderen Paaren – in jeder Hinsicht also ein Tango social.

Zum Konzept von Milongueando gehört auch eine ganz besondere Art des Unterrichts: Betagte Milongueros mit bis zu 70 Jahren Tanzerfahrung vermitteln ihre Praxis. Ihre Lehrer waren die Tanzböden von Buenos Aires, auf denen sie ihren unverwechselbaren Stil entwickelt haben, lange bevor es strukturierten Unterricht gab. Sie tanzen intuitiv, und so steht für sie nicht die Analyse ihres Wissens und ihrer Technik im Vordergrund. Doch zusammen mit erfahrenen Lehrerinnen wie Susana und Maria und einigen anderen Maestros von Milongueando wird es möglich, diesen Erfahrungsschatz aufzuschlüsseln und so den Teilnehmern einzigartiges, bisher noch nie vermitteltes Tangowissen weiterzugeben.

Ganz in diesem Sinne wird das Encuentro Milonguero 2010 auch im Zeichen der Erinnerung an zwei Milongueros stehen, die für immer die Milongas verlassen haben. Als Hommage an Carlos Gavito wird Maria Plazaola ein zweitägiges Seminar den besonderen Techniken dieses großen Milongueros widmen, der vor fünf Jahren verstorben ist. Sie hat ihn in seinen letzten Lebensjahren als Tanzpartnerin begleitet. „Gavito war fast besessen davon, all sein Wissen über den Tanz und das Wesen des Tango weiterzugeben“, erinnert sie sich. „Was ihn besonders auszeichnete, war seine Großzügigkeit, und deshalb möchte ich das, was er mich gelehrt hat, mit anderen teilen.“ Mit Hilfe von audiovisuellen Medien wird neben Techniken für Haltung und Achse die musikalische Interpretation mit besonderem Augenmerk auf Pausen vermittelt, darüber hinaus aber auch Gavitos persönliche Sicht auf den Tango. „Ich wünsche mir, dass ein wenig von seiner Philosophie in unserem Tanz weiterlebt,“ so Maria.

Die zweite Hommage gilt Ricardo Vidort, einem über Insiderkreise hinaus wenig bekannten, aber nicht minder einflussreichen Milonguero, der 2006 verstorben ist. Susana Miller wird seinem unverwechselbaren Stil, der vor allem durch ungewöhnliche Corridas und ein besonderes rhythmisches Konzept besticht, einen Workshop widmen.

Das Spektrum der Veranstaltungen ist vielfältig und lädt erfahrene und weniger erfahrene Tänzerinnen und Tänzer gleichermaßen dazu ein, neue, über das reine Tanzen hinaus gehende Aspekte des Tango zu erkunden. So zum Beispiel bei Hugo Samek, Perkussionist und Tangolehrer, der sich besonders mit Geschichte und Struktur der Milonga-Rhythmik beschäftigt und auf diese Weise – neben dem Feilen an der Technik – ein tieferes Verständnis für den Tanz vermitteln will.

Da Tango-Neulinge oft Schwierigkeiten haben, mit wechselnden Lehrern zu arbeiten, wurde für sie bereits im vergangenen Jahr ein spezielles Format entwickelt: die durchgängige Intensivbetreuung durch eine einzige, sehr erfahrene Lehrerin. Alicia Pons wird sich auch in diesem Jahr wieder den weniger erfahrenen Tänzerinnen und Tänzern widmen, um ihnen eine Woche lang in täglich zwei Unterrichtseinheiten den Tango in all seinen Facetten näher zu bringen.

Wie in den Jahren davor gibt es wieder ein umfangreiches Rahmenprogramm. Dazu gehören neben betreuten Prácticas und zwei traditionellen Milongas mit Live-Musik und Tanzaufführung auch Podiumsgespräche, unter anderem mit betagten Tänzerinnen, die viele Jahrzehnte ihres Lebens auf den Milongas von Buenos Aires verbracht haben.

www.milongueandoenba.com